Der Zug nach Stuttgart hat Verspätung, der Anschluss ist verpasst und das Warten auf den nächsten Zug wird zur Geduldsprobe – wer kennt das nicht.

Die Schiene ist auf den Strecken zwischen Tübingen und Stuttgart sowie auf der Ammertalbahn zwischen Tübingen und Herrenberg zum Symbol für Unzuverlässigkeit und Frust geworden. Dabei spielt die Schiene eine Schlüsselrolle für das Gelingen der Verkehrswende und die Mobilität in unserer Region. Dass Ankunftszeiten der Bahn teilweise nur geschätzt werden, ist ein Armutszeugnis. Die Bahn muss endlich die Qualität auf der Strecke dauerhaft sichern, auch wenn das bedeutet, den Verkehr für mehr Zuverlässigkeit quantitativ zu reduzieren.

Auch nicht alles kann auf der Schiene transportiert werden – zu einer erfolgreichen Verkehrswende gehört daher auch eine leistungsfähige Straßeninfrastruktur. Planung und Realisierung des vollständigen B27-Ausbaus, insbesondere die Ortsumfahrung Ofterdingen und der Schindhaubasistunnel, ziehen sich seit Jahrzehnten hin und kamen oft nur im Schneckentempo voran. Während in anderen Ländern viel komplexere Großprojekte innerhalb kürzester Zeit projektiert und fertiggestellt werden, warten wir bei uns seit Generationen auf den Lückenschluss zur durchgängigen Vierspurigkeit.

Einmal mehr habe ich mich deshalb vor kurzem gemeinsam mit der IHK und Vertretern aus Wirtschaft, Landes- und Bundespolitik an den Bundesverkehrsminister gewandt: Der Erhalt des bestehenden Straßennetzes und der Ausbau der Bundesstraßen, wie im Bundesverkehrswegeplan vorgesehen, muss viel kraftvoller vorangetrieben und endlich realisiert werden.

Schiene und Regionalstadtbahn, B27-Tunnel in Tübingen und Ortsumfahrung Ofterdingen sind für Pendler, Anwohner und Unternehmen von zentraler Bedeutung. Die täglichen Zugausfälle, Verspätungen und Staus sind nicht nur ein ständiges Ärgernis, sondern gefährden auch die wirtschaftliche Zukunft und Attraktivität unserer Region für Unternehmen und Beschäftigte.

Der Verkehrssektor ist nur ein weiteres Beispiel dafür, dass akute Probleme nicht weiter beschönigt oder hinausgeschoben werden können. Bevor das Zutrauen in die Handlungskompetenz des Staates endgültig verloren geht, braucht es jetzt mehr Leistungs- und weniger Bedenkenträger. Mehr Mut und Verantwortung in Politik und Verwaltung. Und weniger Egoismus und Misstrauen von Bürgern, Verbänden und Organisationen.

Veröffentlicht im Schwäbischen Tagblatt am 13.09.2024