Mein Kommentar: Debatte ohne Not

Mein Kommentar: Debatte ohne Not

Während Frauen in Deutschland zum Teil noch immer unter Lohn- und Rentenunterschieden leiden, von körperlicher und psychischer Gewalt bedroht sind und um echte gleichberechtigte Teilhabe in Gesellschaft, Politik und Wirtschaft ringen, sucht die Ampel-Regierung gerade nach Wegen, Schwangerschaftsabbrüche außerhalb des Strafrechts zu regeln. Diese Prioritätensetzung bereitet mir nicht nur als Christdemokratin Sorgen. Seit einer Woche liegen die Vorschläge der eingesetzten Expertenkommission vor: So soll ein Embryo bis zur 12. Schwangerschaftswoche kein schützenswertes Rechtsgut mehr sein. Das widerspricht klar der geltenden Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Seit 1992 haben wir eine verfassungskonforme gesetzliche Schwangerschaftskonfliktregelung, die unter Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts der Frau auch den Schutz des ungeborenen Lebens gewährleistet und sich über Jahrzehnte bewährt hat.

Warum dann eine Novellierung? Jährlich gibt es in Deutschland ca. 100.000 Schwangerschaftsabbrüche, die nach §218a StGB straffrei bleiben. Das letzte Strafverfahren gab es im Jahr 2009. Von einer Kriminalisierung ungewollt Schwangerer kann also keine Rede sein. Dennoch schürt die Ampel unnötig Ängste und erweckt den Eindruck, Frauen kämen bei einem Abbruch zwangsläufig mit dem Gesetz in Konflikt.

Mit einem bundesweiten Netz an Beratungsstellen, die individuell und ergebnisoffen beraten, und einer ausreichenden Zahl an erreichbaren Praxen mit qualifizierten Ärztinnen und Ärzten verfügen wir über eine Gesetzgebung und Infrastruktur, die Schwangere mit ihren existenziellen Sorgen und Ängsten umfassend unterstützen.

Unabhängig davon, wie Frauen sich am Ende entscheiden: Der Wert dieser Beratung und Unterstützung ist immens. Was Frauen in dieser Situation sicher nicht weiterhilft, ist ein künstlich aufgebauter ideologischer Popanz. Die Folgen einer parteipolitisch motivierten Polarisierung können wir an der Radikalisierung politischer Auseinandersetzungen und der zunehmenden Spaltung der Gesellschaft etwa in Polen und den USA sehen.

Die Ampel führt eine Debatte ohne Not, anstatt dafür zu sorgen, dass Frauen erst gar nicht in Konflikt geraten müssen, weil sie aufgeklärt und gut informiert sind und unabhängig von ihrer wirtschaftlich-sozialen Lage umfassend Zugang zu wirksamen Verhütungsmitteln haben. Darüber sollten wir diskutieren.

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