Blog : Kolumne

Mein Kommentar: Akzeptanz braucht Fairness

Mein Kommentar: Akzeptanz braucht Fairness

Immer häufiger höre ich von Bürgerinnen und Bürgern die Frage: Wofür gehe ich eigentlich arbeiten, wenn ich mit Bürgergeld und der Übernahme der Miete und Heizkosten am Ende genauso viel in der Tasche habe? Immer mehr Menschen, die teils kräftezehrenden, belastenden Berufen nachgehen, oft auch im Schicht- oder Nachtdienst, empfinden das Bürgergeld als zutiefst ungerecht.

Allein in Baden-Württemberg gibt es derzeit über 90.000 offene Stellen. Gleichzeitig steigt die Zahl der Arbeitslosen wieder. Mit diesem Zustand dürfen wir uns in Zeiten massiven Arbeits- und Fachkräftemangels und zunehmenden Drucks in den Sozialversicherungen aufgrund einer immer älter werdenden Gesellschaft nicht abfinden.

Von den 343.000 erwerbsfähigen Bürgergeldempfängern will die große Mehrheit arbeiten und finanziell auf eigenen Beinen stehen. Sie müssen wir besser unterstützen, ihre Fähigkeiten in die Gesellschaft einzubringen. Das Bürgergeld bewirkt jedoch eher das Gegenteil: Es schwächt die Anreize für eine Arbeitsaufnahme und Mehrarbeit, lähmt die Leistungsbereitschaft und frustriert die Fleißigen. Damit untergräbt es die Bereitschaft zur Solidarität mit denjenigen, die aufgrund von Krankheit oder Unfällen nicht (mehr) erwerbsfähig sein können.

Als CDU setzen wir dem Bürgergeld eine „Neue Grundsicherung“ entgegen. Dazu gehört eine Reform der Hinzuverdienstgrenzen, um finanzielle Anreize zu setzen. Verbindliche individuelle Eingliederungsvereinbarungen und ausreichend finanzielle Mittel für die Jobcenter sind für Beratung, Qualifizierung und Vermittlung unerlässlich. Asylsuchenden sollte ein schnellerer Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht und Arbeit integraler Bestandteil des Integrationsprozesses sein. Auch wenn absolute Arbeitsverweigerer eine Minderheit darstellen, sind Sanktionen für die Jobcenter ein effektives Mittel, um Sozialleistungsmissbrauch wirksam zu bekämpfen. Auch die Höhe des Schonvermögens wollen wir wieder an die Zahl der Arbeitsjahre koppeln und eine Vermögensprüfung ab dem ersten Tag vorsehen.

Wir müssen zurück zum System des Förderns und Forderns: Unterstützung dort, wo sie dringend benötigt wird, und Fairness für all diejenigen, die mit ihrer Arbeit Tag für Tag Wohlstand erwirtschaften und unseren Sozialstaat finanzieren. Nur so bewahren wir Solidarität, Akzeptanz und Verständnis für unsere Solidargemeinschaft.

Veröffentlicht im Schwäbischen Tagblatt am 22.03.2024.

Mein Kommentar: Es reicht nicht

Mein Kommentar: Es reicht nicht

„Fragen Sie nicht, wann die Ukraine den Krieg beenden wird – fragen Sie sich, warum Russland diesen Krieg immer noch fortführen kann.“ Diese Sätze des ukrainischen Präsidenten auf der Münchner Sicherheitskonferenz lassen mich nicht mehr los. Tun wir genug? Tut Europa genug, um der Ukraine in ihrem Verteidigungskampf beizustehen? Auch zwei Jahre nach Beginn des russischen Angriffskriegs ist die Antwort ernüchternd: Nein, das tun wir nicht.

Trotz der existentiellen Bedrohungslage sind wir weit von einem echten Bewusstsein dafür entfernt, dass wir an einem richtungsweisenden Wendepunkt in der Geschichte stehen. Viel ist von „Zeitenwende“ die Rede und doch verfängt sie nicht: Ukrainerinnen und Ukrainer sterben auch für uns an der Front.

In München bekam Selenskij warme Worte und viel Sympathie, aber kaum die Munition und Flugabwehr, die seine Armee so dringend benötigt. Die Folgen sind längst an der Front angekommen. Kein politischer Appell, kein Sicherheitsabkommen wird Putins Feldzug aufhalten. Er führt Krieg um des Krieges willen, brutal und erbarmungslos.

Putin weiß die Zeit auf seiner Seite, wenn der Ukraine Soldaten und Munition ausgehen und Entschlossenheit und Durchhaltevermögen im Westen schwinden. Putins Regiebuch zur Zerstörung der regelbasierten internationalen Ordnung wird Nachahmer finden – im Sahel, dem Nahen Osten, vom Iran bis nach China – sollte die Ukraine diesen Krieg verlieren. Sicherheit entsteht heute leider wieder durch Abschreckung und militärische Überlegenheit. Das ist die eigentliche Erkenntnis der Zeitenwende. Ja, das ist bitter und hart – doch noch viel schmerzhafter werden die Folgen sein, wenn wir daraus jetzt nicht die richtigen Schlüsse ziehen.

Dass die Ampel-Regierung, allen voran die Kanzlerpartei SPD, eine europäische Führungsrolle beansprucht und gleichzeitig die Lieferung von TAURUS-Marschflugkörpern weiter vehement verhindert, ist eine fatale Fehlentscheidung. Die Folgen einer ukrainischen Niederlage für unsere Wirtschaft, neue Fluchtbewegungen, russische Angriffe auf Moldau, Polen oder das Baltikum sind um ein Vielfaches höher als alle Kosten, die Ukraine uneingeschränkt zu unterstützen. Das sind wir auch Alexej Nawalny und all denen schuldig, die den Kampf für Freiheit und Demokratie in Russland nicht aufgegeben haben. Es gibt nur den einen Ausweg: Putin muss wissen, dass er militärisch verliert.

Mein Kommentar: Nicht von selbst

Mein Kommentar: Nicht von selbst

Wie 2023 zu Ende ging, so startete auch 2024: in aufgeheizter Stimmung. Die Menschen im Land sind verunsichert, enttäuscht und wütend. Ständig steigende Belastungen und Inflation, ungeregelte Migration und Fachkräftemangel, Wohnungsnot und immer mehr Bürokratie sind bezeichnend für die Unzufriedenheit in weiten Teilen der Bevölkerung. Das öffentliche Schweigen des Bundeskanzlers und die offensichtliche Handlungsunfähigkeit und Uneinigkeit der Koalition wirken nicht nur hilflos, sondern zuweilen ignorant und arrogant. Statt in Gesprächen und Verhandlungen gemeinsam nach tragfähigen Kompromissen und wirksamen Lösungen zu suchen, provoziert die Ampel durch Tatenlosigkeit und sture Belehrungen immer lautere Proteste.

Wie wichtig verantwortliches politisches Handeln ist, wird in diesen Zeiten besonders deutlich beim Blick auf den Zulauf extremistischer Bewegungen und die schleichende Akzeptanz für deren verfassungswidrige Ziele und radikale Positionen. Das jüngste Treffen einer rechtsextremen Gruppe in Potsdam legt einmal mehr die Machenschaften der Gegner unserer Demokratie und Verfassung offen. Unsere Wehrhaftigkeit ist mehr denn je herausgefordert. Deshalb dürfen wir nicht einfach abwarten und zusehen, wie Populisten und Extremisten die Grundlagen unseres demokratischen Rechtsstaates von innen heraus zerstören. Als CDU ziehen wir die Konsequenz: Wer solche Ideologien teilt oder dem Verein der sog. Werte Union angehört, kann nicht zugleich Mitglied der CDU sein.

Am Dienstag jährt sich die Hinrichtung von Eugen Bolz durch die Nationalsozialisten. Bis zu seinem Tod warf er sich vor, als Zentrums-Abgeordneter die Gefahr der NSDAP unterschätzt zu haben. Er ging davon aus, dass sich diese rechte Bewegung von selbst auflösen würde. Am Ende wurde er eines Besseren belehrt.

Auch heute verschwindet der Frust gegenüber „der“ Politik nicht von selbst. Es ist höchste Zeit, dass die demokratische Mitte ins Handeln kommt und die AfD inhaltlich stellt. Die von Olaf Scholz geführte Ampel-Regierung muss ihrer Verantwortung gerecht werden und einen Politikwechsel einleiten. Und wenn ausreichend Erkenntnisse der Innen- und Verfassungsbehörden für ein erfolgreiches Verbotsverfahren vorliegen, gibt uns das Grundgesetz ein weiteres Instrument zur Hand. Demokratien scheitern meist nicht an ihren Gegnern, sondern an der Zaghaftigkeit ihrer Unterstützer.

Veröffentlicht im Schwäbischen Tagblatt am 19.01.2024.

Mein Kommentar: Deutschland kann es besser

Mein Kommentar: Deutschland kann es besser

Wenn wir an diesem Sonntag die dritte Kerze am Adventskranz anzünden, kehrt langsam, aber sicher Weihnachtsstimmung ein. Ich gestehe, mir fällt es in diesem Jahr nicht leicht, mich unbeschwert an vielen liebgewonnenen Traditionen zu erfreuen.

Über diesem Jahresende liegt eine Schwere. Denn egal, wo ich in diesen Tagen bin – ob im Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern über Inflation, Klimaschutz und Energie, mit Studierenden über den Gaza-Krieg, im Austausch mit Einzelhandel, Handwerk und Gastronomie zur wirtschaftlichen Entwicklung oder mit Kommunen über Migration und Zuwanderung: Die Sorgen und die Verunsicherung sind so tiefgreifend wie nie.

Und sie sind berechtigt: Fachkräftemangel und lähmende Bürokratie drücken Deutschland als einzige große Industrienation in die Rezession. Kriege in der unmittelbaren Nachbarschaft zwingen uns, unseren Blick auf die Welt, auf Werte- und Handelspartner und unsere Verteidigungsfähigkeit radikal zu ändern. Die Ukraine droht in einem langem Zermürbungskrieg zerrieben zu werden, wenn die Unterstützung des Westens nachlässt. Der tiefe Abgrund enthemmter Gewalt und Entmenschlichung beim Angriff der Hamas auf Israel hat ein erschreckendes Ausmaß an Antisemitismus in all seiner Widerwärtigkeit sichtbar gemacht. Es geht um nichts weniger als die Zukunft unserer Demokratie, Freiheit und Sicherheit.

Gerade jetzt bräuchte Deutschland eine Bundesregierung, die innen- und außenpolitische Führung übernimmt, die richtigen Prioritäten setzt und weitsichtige, mutige Entscheidungen trifft. Doch stattdessen offenbaren Wochen des Haushalts-Chaos, dröhnendes Schweigen in der EU und gegenüber unseren Bündnispartnern und der nun geplatzte Asyl-Kompromiss die Unfähigkeit dieser Bundesregierung. Sie kostet unsere Wirtschaft nach der neuesten Prognose weitere 0,5 Prozent Wachstum und internationales Vertrauen in die Handlungsfähigkeit unseres Landes.

Diesen Kurs kann sich unser Land nicht leisten. Deutschland kann es besser – mit einem modernen, lösungsorientierten Staat, einer wettbewerbsfähigen, nachhaltigen Wirtschaft und einer Zeitenwende ohne Wenn und Aber.

Gerade in dunklen Zeiten spendet die Weihnachtsbotschaft wertvolle Hoffnung auf das Gute und Zuversicht für die Zukunft. Ihnen und Ihrer Familie wünsche ich ein gesegnetes Weihnachtsfest und alles Gute für 2024.

Veröffentlicht im Schwäbischen Tagblatt am 15.12.2023.

Mein Kommentar: Kein böses Erwachen

Mein Kommentar: Kein böses Erwachen

Als heute vor 85 Jahren die Menschen zur Arbeit und zur Schule gingen, lag eine der schlimmsten und entwürdigendsten Nächte in der deutschen Geschichte hinter ihnen. Die Scherben der Reichspogromnacht waren nur ein Vorbote für die unfassbaren Verbrechen der Shoah. Der tiefe, widerwärtige Abgrund enthemmter Gewalt und Entmenschlichung hatte sich geöffnet. Nationalsozialisten steckten Synagogen in Brand, schändeten Friedhöfe, verwüsteten und plünderten jüdische Geschäfte und Wohnungen. Jüdinnen und Juden wurden verhaftet und in Konzentrationslager gebracht. Auch in Tübingen, Baisingen und Hechingen brannten die Synagogen.

Was ist unsere Erinnerung daran heute wert? Spätestens seit dem brutalen Überfall der Hamas vor vier Wochen ist die Angst in jüdische Familien und Gemeinden in Deutschland zurückgekehrt. Mich beschämt das dröhnende Schweigen weiter Teile der Gesellschaft, Wissenschaft und Kultur ob des Terrors und die Empathielosigkeit gegenüber den jüdischen Opfern. Mich macht wütend, wenn auf unseren Straßen Mord, Geiselnahmen und Vergewaltigungen gefeiert, die Verbrechen der Hamas relativiert und historische Tatsachen verkehrt werden.

Die Solidarisierung mit Israel, den Familien der Opfer und mit Jüdinnen und Juden weltweit heißt nicht, dass wir die Augen vor dem humanitären Leid der Zivilbevölkerung in Gaza verschließen. Jedes Leben hat den gleichen Wert. Doch legitimiert dies nicht die systematische Gewalt gegen Jüdinnen und Juden. Den Hamas-Terroristen und ihren Anhängern, die vorgeblich im Namen der Palästinenserinnen und Palästinenser handeln, geht es nicht um ihre Bevölkerung, Frieden oder eine Zwei-Staaten-Lösung. Ihr Ziel ist die Auslöschung Israels. Unser Mitgefühl darf nicht zur Relativierung von Terrorismus und Antisemitismus führen. Wer von der freiheitlichen Demokratie Israel die Einhaltung von humanitärem und Völkerrecht einfordert, muss dieselben Maßstäbe an die Hamas, die Hisbollah und den Iran anlegen – Terrororganisationen und -regime, die sich an kein Recht halten.

Der Staat Israel ist keine Bedrohung, sondern ein Schutzversprechen an die Jüdinnen und Juden. “Nie wieder” ist konstitutiv für unseren Staat und dafür, wer wir sind: Ein Land des Rechts, der Freiheit und der Demokratie. Nie wieder ist jetzt: Deshalb kann es ein „Weiter so“ nicht geben. Damit Deutschland nicht wieder böse erwacht.

Veröffentlicht im Schwäbischen Tagblatt am 10.11.2023.

Mein Kommentar: Mehr Anreize statt neuer Ansprüche

Mein Kommentar: Mehr Anreize statt neuer Ansprüche

Vor wenigen Tagen haben wir 33 Jahre Deutsche Einheit gefeiert. Einheit und Zusammenhalt wären nicht möglich gewesen ohne die Zuversicht und das Vertrauen der Menschen in eine bessere Zukunft. Dieses Grundvertrauen in den Staat und die Handlungsfähigkeit der Politik steht derzeit auf dem Spiel. Das spüre ich deutlich im Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern über Inflation, Klima und Energie, im Austausch mit Mittelstand und Handwerk zu Bürokratie und wirtschaftlicher Entwicklung und besonders bei Migration und Zuwanderung in den Kommunen im Wahlkreis.

Die Bundesregierung hat diese Sorgen und Nöte lange nicht ernst genug genommen. Zwischen Schönfärberei, wie sie in Teilen der Ampel noch immer betrieben wird, und spalterischen Ressentiments gilt es, Ängsten und Überforderung mit konsequentem Handeln zu begegnen und ihnen dort entgegenzutreten, wo sie gezielt geschürt werden.

Klar ist: In vielen Bereichen sind die Kapazitäten endlich – auf dem Wohnungsmarkt, in Kita und Schule, bei Behörden und im Ehrenamt. Mit bislang über 220.000 neuen Asylbewerberinnen und Asylbewerbern in diesem Jahr kommt selbst ein wirtschaftlich starkes Land wie Deutschland an seine Grenzen.

Wir müssen den Kern des Asylrechts verteidigen und zugleich die Akzeptanz in der Bevölkerung dafür erhalten. Die Würde des Einzelnen steht im Mittelpunkt. Doch wo Zuwanderung aus Perspektivlosigkeit und Armut nicht vom Asylrecht gedeckt ist, muss der Staat Handlungs- und Steuerungsfähigkeit beweisen.

Seit der Ankündigung des Bundeskanzlers für einen „Deutschland-Pakt“ mit Ländern, Kommunen und der demokratischen Opposition ist wenig passiert. Seine Vorschläge in Sachen irregulärer Migration sind weder neu, noch gehen sie weit genug. Mehr sichere Herkunftsländer und schnellere Rückführungen fordern wir als Union seit langem. Die Außenministerin erschwerte ein gemeinsames Vorgehen an den EU-Außengrenzen eher und die Innenministerin bleibt bei Grenzkontrollen zu Polen und Tschechien weiter vage. Wir brauchen endlich das vielversprochene „Deutschland-Tempo“ für Migrationsabkommen mit den Hauptherkunfts- und Transitländern, mehr Arbeitsanreize statt neuer Sozialansprüche und mehr Sprach- und Integrationskurse statt Haushaltskürzungen bei Migrationsdiensten und Sprachkitas. Wir erwarten, dass Olaf Scholz zu seinem Wort steht und einen echten Konsens sucht.

Veröffentlicht im Schwäbischen Tagblatt am 06.10.23.

Mein Kommentar: Pakt der Zupackenden

Mein Kommentar: Pakt der Zupackenden

Ob Gastronom, Heizungsbauer oder Familienunternehmer – bei meinen Besuchen und Gesprächen im Wahlkreis dreht sich aktuell alles um ein Thema: die wirtschaftliche Lage. Aufgrund von Inflation, hohen Energie- und Strompreisen, Fachkräftemangel und lähmender Bürokratie droht der deutschen Wirtschaft in diesem Jahr sogar die Rezession – als einzigem großem Industrieland weltweit.

Doch die Bundesregierung scheint sich der existentiellen Bedrohung für den Wirtschaftsstandort nicht bewusst zu sein. So herrscht Funkstille darüber, wie die Inflation eingedämmt und Deindustrialisierung verhindert werden soll. Statt immer neuen Belastungen und Vorschlägen für noch kleinteiligere Vorgaben im Arbeits- und Planungsrecht muss es jetzt darum gehen, unsere Wirtschaft auf den Wachstumspfad zurückzuführen.

Dafür muss sich Leistung lohnen. Das heißt konkret: Keine Steuererhöhungen für Familien, Leistungsträger und Branchen wie die Gastronomie, die noch unter den Folgen von Corona und eklatantem Fachkräftemangel leiden. Dafür mehr Flexibilität, etwa bei den Arbeitszeitregelungen. Gegen überbordende Dokumentations-, Melde- und Aufbewahrungspflichten, zu lange Verfahrensdauern und Vollzugsprobleme in Behörden haben wir als Union 22 konkrete, spürbare Entlastungsvorschläge vorgelegt. Neben dem Bürokratieabbau braucht es stärkere Arbeitsanreize und Mitwirkungspflichten für Arbeitssuchende und deutlich mehr Sprachangebote, um Geflüchtete schneller zu integrieren – von der Kita über Schule und Ausbildung, bis in den Arbeitsmarkt. Für die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland liegt unser Konzept einer „Work-and-Stay“-Agentur auf dem Tisch: Service aus einer Hand, digital, schnell und effizient, von der Arbeitsplatzvermittlung, der Prüfung der Voraussetzungen für die Einreise, über das nötige Visum bis hin zum Aufenthaltstitel nach Ankunft in Deutschland.

Auch mir ist bewusst, dass die Spielräume in den öffentlichen Haushalten begrenzt sind. Umso wichtiger ist es, dass sie zielgerichtet denen zugutekommen, die bereit sind, für eine gute wirtschaftliche Zukunft anzupacken. Ich bin der festen Überzeugung: Wenn wir mit einem „Zukunftspakt“ die Motivation und Bereitschaft der Menschen stärken, Verantwortung zu übernehmen, werden auch diejenigen an Anziehungskraft verlieren, die mit Provokation und Aggression nur Frustration und Resignation schüren.

Veröffentlicht im Schwäbischen Tagblatt am 28.07.2023.

Mein Kommentar: Chance auf Zukunft

Mein Kommentar: Chance auf Zukunft

Kitaplätze sind rar, Fachpersonal fehlt, zu viele Kinder haben Sprachdefizite: Es sind herausfordernde Zeiten für Eltern, Erzieherinnen und Erzieher sowie Kitaträger. Alleine in den 43 Tübinger Kitas fehlen aktuell 55 Fachkräfte. Eltern müssen sich in Tübingen deshalb ab dem neuen Kindergartenjahr auf gekürzte Betreuungszeiten einstellen. Dabei leisten Kommunen auch bei uns viel, um den Fachkräftemangel und die besonderen Förderbedarfe aufzufangen.
Strukturellen Problemen können wir letztlich nur mit strukturellen Lösungen begegnen. Doch: Machen wir Abstriche beim Angebot, dem Betreuungsumfang, stellt das Berufstätige vor noch größere Herausforderungen und reißt an anderen Stellen neue Lücken beim Fachkräftebedarf. Erhöhen wir die Gruppengrößen, steigt die Arbeitsbelastung der Erzieherinnen und Erzieher und die Attraktivität des Berufsbilds sinkt. Sparen wir bei der Qualität geht das zu Lasten der Kinder.
Während die Bundesregierung Sprachkitas streicht und weiter über eine Kindergrundsicherung streitet, hat die CDU jetzt ihr „Kinderzukunftspaket“ vorgestellt, das alle Bereiche in den Blick nimmt: Aufmerksamkeit, Förderung und Teilhabe für Kinder – Verlässlichkeit, Qualität und Flexibilität für Eltern.
Die Familie ist der erste und wichtigste Ort, damit Kinder gut aufwachsen. Deshalb wollen wir Familien früh und durchgängig stärken, indem wir Leistungen in einem Kinderzukunftsgeld bündeln und Alleinerziehenden mit einem direkten Abzugsbetrag von der Steuerlast unter die Arme greifen. Für die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sollen Eltern angesparte Zeit in Familienzeitkonten nutzen, um ohne finanzielle Nachteile vorübergehend weniger arbeiten zu können. Für mehr Fachkräfte wollen wir angehenden Erzieherinnen und Erziehern schon in der praxisintegrierten Ausbildung ein Gehalt bezahlen und die Anerkennung von Abschlüssen für Quereinsteiger und ausländische Kräfte erleichtern.
Wenn Kinder in der Grundschule ihre Lehrkräfte nicht verstehen, dann bleibt vom Bildungsversprechen nicht viel übrig. Deshalb muss der Entwicklungsstand im Vorschulalter einheitlich ermitteln werden, um die richtigen Förderangebote zu machen. Das heißt auch: Verpflichtende Deutschkurse für all jene, die Sprachdefizite aufweisen. Starke Familien, frühe Hilfen und frühkindliche Bildung sind der Schlüssel – für eine echte Chance auf Zukunft.

Veröffentlicht im Schwäbischen Tagblatt am 23.06.2023.

Mein Kommentar: Alles Definitionsfrage?

Mein Kommentar: Alles Definitionsfrage?

Den gestrigen Brückentag verdanken wir Christi Himmelfahrt. Dass der Vatertag begangen wird, hat auch mit dem Muttertag zu tun, der aus Dank für deren Liebe und Fürsorge gefeiert wird. Biologisch unterschiedliche Formen von Elternschaft und traditionelle Rollenbilder prägen deren Wahrnehmung.

Auch wenn sich die klassische Rollenverteilung längst deutlich verändert hat, bleibt die biologische Tatsache bestehen: Männer haben uns gezeugt und Frauen geboren.

Mit dem Entwurf für ein Selbstbestimmungsgesetz hat die Ampel-Koalition zurecht Widerspruch hervorgerufen. Es ist der Eindruck entstanden, Geschlecht sei lediglich ein soziales Konstrukt. Demnach kann jede und jeder sein Geschlecht beim Standesamt dem eigenen Empfinden anpassen: männlich, weiblich oder nichts von beidem.

Klar ist: Akzeptanz für das Individuum gelten nicht nur für seine äußere Wahrnehmung, sondern auch für die innere Bestimmung und das Ringen um Identität, auch die geschlechtliche. Im Fall von Geschlechtsdisphorie leiden Menschen unter einer fehlenden Übereinstimmung zwischen ihrem biologischen oder bei Geburt bestimmten Geschlecht und ihrer Geschlechtsidentität. Selbstverständlich sollen sie angstfrei und selbstbestimmt leben. Eine Reform des Transsexuellengesetzes ist deshalb notwendig. Was sich einfach anhört, hat weitreichende Konsequenzen. In die Höhe schnellende Zahlen von Mädchen, die ihr Geschlecht in einer schwierigen Phase des Erwachsenwerdens ändern wollen, lassen aufhorchen. Ihren Transitionswunsch nicht zu hinterfragen, sondern schon ab 14 Jahren ohne Beratung und Gutachten zu ermöglichen, ist unter Jugendschutzaspekten absolut unzureichend. Das vorgesehene Offenbarungsverbot einer Änderung des Geschlechtseintrags eines Elternteils könnte dazu führen, dass nicht klar ist, wer biologischer Vater und wer biologische Mutter ist. Zukünftig soll der Eintrag „Elternteil“ in der Geburtsurkunde möglich sein. Und dort, wo es im Alltag zu Problemen kommen kann, z.B. wenn Transfrauen Aufnahme in Frauenhäusern oder Zutritt in Fitness-Studios oder Saunen beanspruchen, duckt sich der Gesetzgeber weg. Lange erkämpfte Schutzräume für Frauen würden ihren eigentlichen Zweck verlieren. So kommt die Bundesregierung jedenfalls weder ihrer Verantwortung, Jugendliche oder Frauen vor Gewalt zu schützen nach, noch Transmenschen vor Diskriminierung.

Veröffentlicht im Schwäbischen Tagblatt am 19.05.2023.

Mein Kommentar: Humanität und Ordnung

Mein Kommentar: Humanität und Ordnung

Allein über das Osterwochenende haben 3000 Menschen über die lebensgefährliche Mittelmeerroute Italien erreicht. Die Gründe für ihre Flucht sind so vielfältig wie die Lebenssituation in vielen Ländern Afrikas und des Nahen und Mittleren Ostens. Nach der immensen Hilfsbereitschaft für hunderttausende Kriegsflüchtlinge aus Syrien und dem Irak leisten Verwaltungen, Hilfsorganisationen und Freiwillige Enormes, um auch den über eine Mio. geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainern Zuflucht und Zuversicht zu geben. Deutschland ist ein starkes und hilfsbereites Land – und das ist gut so.

Doch immer mehr Landkreise und Kommunen klagen über die Folgen der steigenden Zahl an Schutzsuchenden. Allein 2022 wurden in Deutschland rund 244.000 Asylanträge gestellt. Die Kommunen sind an der Belastungsgrenze. Nachdem sich die Bundesregierung ihren Sorgen und Nöten gegenüber bislang taub stellt, suchte die Unionsfraktion kürzlich den Austausch mit über 200 Landräten und Oberbürgermeistern. Wie im Kreis Tübingen mangelt es überall nicht nur an kurzfristigen Unterbringungsmöglichkeiten und langfristig nutzbarem Wohnraum, sondern auch an Schulen, Kindergärten, Sprachkursen, Fachkräften und Ehrenamtlichen.

Deutschland und Europa brauchen dringend eine strategische Migrationspolitik, die Humanität für Schutzsuchende garantiert und für Ordnung sorgt, damit abgelehnte Asylbewerber wieder in ihre Heimatländer zurückkehren können. Dafür hat die Unionsfraktion sehr präzise Vorschläge gemacht: Wir wollen Asylverfahren und Arbeitsmigration klarer voneinander trennen, für eine solidarische Lastenverteilung im Europäischen Asylsystem sorgen und gezielter Fachkräfte anwerben. Migrations- und Rückführungsabkommen sowie Entwicklungspartnerschaften mit Herkunfts- und Transitländern, aber auch die Handels- und Visapolitik spielen dabei eine wichtige Rolle.

Gleichzeitig müssen wir für die Einwanderung in den Arbeitsmarkt deutlich aktiver werben. Pauschale Vorurteile und gezielte Ressentiments schaden einer Einwanderungskultur genauso wie lähmende Bürokratie. Deshalb wollen wir eine Einwanderungsagentur schaffen, die Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen aus einer Hand und digital ermöglicht. Mit Humanität und Ordnung kann es uns gelingen, dass die Hilfsbereitschaft nicht überstrapaziert wird und Menschen mit Bleiberecht und Fachkräfte gute Perspektiven haben.

Veröffentlicht im Schwäbischen Tagblatt am 14.04.2023.