Mein Kommentar: Nicht von selbst

Mein Kommentar: Nicht von selbst

Wie 2023 zu Ende ging, so startete auch 2024: in aufgeheizter Stimmung. Die Menschen im Land sind verunsichert, enttäuscht und wütend. Ständig steigende Belastungen und Inflation, ungeregelte Migration und Fachkräftemangel, Wohnungsnot und immer mehr Bürokratie sind bezeichnend für die Unzufriedenheit in weiten Teilen der Bevölkerung. Das öffentliche Schweigen des Bundeskanzlers und die offensichtliche Handlungsunfähigkeit und Uneinigkeit der Koalition wirken nicht nur hilflos, sondern zuweilen ignorant und arrogant. Statt in Gesprächen und Verhandlungen gemeinsam nach tragfähigen Kompromissen und wirksamen Lösungen zu suchen, provoziert die Ampel durch Tatenlosigkeit und sture Belehrungen immer lautere Proteste.

Wie wichtig verantwortliches politisches Handeln ist, wird in diesen Zeiten besonders deutlich beim Blick auf den Zulauf extremistischer Bewegungen und die schleichende Akzeptanz für deren verfassungswidrige Ziele und radikale Positionen. Das jüngste Treffen einer rechtsextremen Gruppe in Potsdam legt einmal mehr die Machenschaften der Gegner unserer Demokratie und Verfassung offen. Unsere Wehrhaftigkeit ist mehr denn je herausgefordert. Deshalb dürfen wir nicht einfach abwarten und zusehen, wie Populisten und Extremisten die Grundlagen unseres demokratischen Rechtsstaates von innen heraus zerstören. Als CDU ziehen wir die Konsequenz: Wer solche Ideologien teilt oder dem Verein der sog. Werte Union angehört, kann nicht zugleich Mitglied der CDU sein.

Am Dienstag jährt sich die Hinrichtung von Eugen Bolz durch die Nationalsozialisten. Bis zu seinem Tod warf er sich vor, als Zentrums-Abgeordneter die Gefahr der NSDAP unterschätzt zu haben. Er ging davon aus, dass sich diese rechte Bewegung von selbst auflösen würde. Am Ende wurde er eines Besseren belehrt.

Auch heute verschwindet der Frust gegenüber „der“ Politik nicht von selbst. Es ist höchste Zeit, dass die demokratische Mitte ins Handeln kommt und die AfD inhaltlich stellt. Die von Olaf Scholz geführte Ampel-Regierung muss ihrer Verantwortung gerecht werden und einen Politikwechsel einleiten. Und wenn ausreichend Erkenntnisse der Innen- und Verfassungsbehörden für ein erfolgreiches Verbotsverfahren vorliegen, gibt uns das Grundgesetz ein weiteres Instrument zur Hand. Demokratien scheitern meist nicht an ihren Gegnern, sondern an der Zaghaftigkeit ihrer Unterstützer.

Veröffentlicht im Schwäbischen Tagblatt am 19.01.2024.

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