Mein Kommentar: Ohne Wenn und Aber

Mein Kommentar: Ohne Wenn und Aber

Am 1. September 1939 entfesselte Nazi-Deutschland einen grausamen Krieg, der unermessliches Leid über weite Teile Europas bringen sollte. Noch immer fällt es mir schwer, zu begreifen, wozu Menschen im Zweiten Weltkrieg fähig waren. Und noch nie habe ich das Gedenken an den Jahrestag des deutschen Überfalls auf Polen bedrückender empfunden als jetzt. Auch heute, 84 Jahre später, sind Menschen zu undenkbaren Gräueltaten fähig.

Das System Putin steht für skrupellose Grausamkeit und eine kalkulierte Politik, die ihre Macht mit Einschüchterung und Gewalt sichert – nach innen wie nach außen. Auch wenn die genauen Umstände des Todes von Wagner-Führer Prigoschin weiter ungeklärt sind, so ist doch klar: Der Kreml schreckt vor nichts zurück. Eine noch deutlichere Botschaft muss bei uns im Westen ankommen: Mit Putin wird es keinen Frieden in der Ukraine geben. Daran darf kein Zweifel mehr bestehen. Die einzig mögliche Schlussfolgerung lautet deshalb: Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen.

Das von Bundeskanzler Scholz auf Schloss Meseberg beschworene „Deutschlandtempo“ muss in der Ukraine allerdings wie Hohn klingen. Denn die Lieferung kriegsentscheidender Waffen verzögert sich – schon wieder. Für eine Entscheidung zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern will es sich die Ampel-Koalition einmal mehr „weiter schwer machen“. Schwer macht sie es damit aber vor allem den Ukrainerinnen und Ukrainern, die dafür einen hohen Blutzoll in einem Krieg zahlen, der so nur noch länger dauern wird.

Die Aufgaben der Bundeswehr in der Landes- und Bündnisverteidigung werden auf absehbare Zeit nicht abnehmen. Doch von der „Zeitenwende“ bleibt währenddessen immer weniger übrig. Wenn der Deutsche Bundestag nächste Woche den Haushalt 2024 berät, soll das 2-Prozent-Ziel der NATO für Verteidigungsausgaben nicht mehr, wie vom Bundeskanzler versprochen, in jedem Jahr, sondern nur noch im mehrjährigen Durchschnitt erfüllt werden. Obendrein will die Bundesregierung den Verwendungszweck des Sondervermögens aufweichen: So sollen die 100 Milliarden Euro, die nur dank der Union im Grundgesetz verankert werden konnten, nicht mehr nur in Ausrüstungsvorhaben gesteckt werden. Erneut verspielt die Bundesregierung damit Vertrauen bei unseren Soldatinnen und Soldaten und Glaubwürdigkeit bei unseren Partnern. Sie erwarten zurecht eine Zeitenwende ohne Wenn und Aber.

Veröffentlicht im Schwäbischen Tagblatt am 01.09.2023.

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