Mein Kommentar: Putins perfide Strategie

Mein Kommentar: Putins perfide Strategie

„Freiheit ist, als Frau eigene Entscheidungen treffen zu dürfen“, sagt eine junge Iranerin. Was für ein Leben muss das sein, wenn man als Frau nicht anziehen darf, was man will, nicht alleine in einer Wohnung leben, alleine verreisen, ein eigenes Bankkonto haben darf? Genau das erleben Millionen Frauen und Mädchen: In Afghanistan haben die Taliban sie aus dem öffentlichen Leben verbannt. Im Iran kämpfen Frauen unter Androhung der Todesstrafe unerschrocken weiter gegen das Mullah-Regime. In der Ukraine werden Frauen und Mädchen von russischen Soldaten systematisch brutal vergewaltigt. Der Internationale Frauentag am Mittwoch wirft ein grelles Schlaglicht auf die verzweifelte Lage von Frauen weltweit. Wissen wir unsere Freiheit hier eigentlich genug zu schätzen?

Diese Frage beschäftigt mich umso mehr, wenn ich von Appellen und Manifesten lese, die unterstützt von ganz rechts und ganz links naive bis zynische Vorstellungen von Frieden und Freiheit propagieren und ein Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine und sofortige Verhandlungen fordern. So sehr wir uns alle nach einem Ende der Gewalt und Frieden sehnen, dürfen wir uns keine Illusionen über diesen Krieg und seinen Verursacher Putin machen. An Diplomatie und Gesprächsbereitschaft hat es gegenüber Russland in den letzten Jahren nie gemangelt. Wer einen Verhandlungsfrieden will, der nicht auf die Unterwerfung der Ukraine hinausläuft, der muss ihre Verteidigungsfähigkeit stärken.

Putin verhöhnt Frauen- und Menschenrechte, so auch in seiner jüngsten Ansprache. Hinter seiner Rhetorik der angeblichen Verteidigung „traditioneller Werte“ wie Familie, Religion und Kultur, verbirgt sich eine perfide Strategie: Die Verächtlichmachung von Gleichberechtigung, Selbstbestimmung und Vielfalt bedient ein Narrativ, das Ängste in der Bevölkerung vor dem Verfall der Familienstruktur, des gesellschaftlichen Zusammenhalts und der nationalen bzw. kulturellen Identität schüren und seine autoritäre Politik rechtfertigen soll. Denn Frauen- und Menschenrechte stehen für Freiheit und Demokratie, sie verkörpern das „westliche Feindbild“. Die Stärkung von Frauenrechten muss deshalb auch eine Antwort auf diesen Krieg sein. Dazu braucht es eine Außenpolitik, die ohne ideologische Überhöhung Frauen in ihren Fokus rückt und sich imperialem Machtstreben wo auch immer entschlossen entgegenstellt.

Veröffentlicht im Schwäbischen Tagblatt am 03.03.2023.

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